Wenn Gabriele Stoll hungrig ist, führt sie ihr Weg in den Garten. Dabei ist es gleichgültig, ob sie frühstücken, zu Mittag oder zu Abend essen möchte. Sie hat die vegane Selbstversorgung perfektioniert und findet rings um ihr Wohnhaus alles, was sie zum Leben braucht.
Auf den ersten Blick wird klar, alles darf hier seine ganz eigene Ordnung haben. Hochbeete, Kisten, große und kleine Töpfe stehen vor einem kleinen Gewächshaus. Der Weg dorthin ist mit einer dicken Schicht Kieselsteine bedeckt. „Das muss ich machen, sonst nimmt das Wachsen der Pflanzen hier überhand.“ Doch zwei kräftige Salatköpfe haben den Weg ans Licht geschafft und ragen mitten im Weg aus dem Boden heraus. So groß, dass man sie eigentlich direkt ernten möchte. „Hier nehme ich immer die unteren Blätter ab und lass ihn weitertreiben.“ Ein Bild, das schmunzeln lässt, aber zeigt, wie einfach ein Salat auf kleinstem Raum wächst und gedeiht.
Gabriele Stoll ist promovierte Agrarwissenschaftlerin, überzeugte Veganerin und versorgt sich vor allem damit, was rund um ihr Häuschen wächst. Wir haben Sie in ihrem kleinen Paradies besucht und ihr Fragen rund um die vegane Selbstversorgung gestellt.
natur&ich: Frau Dr. Stoll, braucht man zwingend einen Garten, um vegane Selbstversorgung zu betreiben?
Gabriele Stoll: Einen Garten braucht man nicht. Sobald man einen Balkon oder eine Terrasse hat, kann man schon selber Essbares anpflanzen. Zum Beispiel anstelle von gekauften und hochgezüchteten Zierpflanzen. Essbare Pflanzen haben eine eigene Ästhetik.
Sollte man zu Beginn der veganen Selbstversorgung und des Anbaus bestimmte Fragen klären?
Oft wird Wesentliches nicht berücksichtigt, zum Beispiel das Pflanzen viel und regelmäßig Wasser brauchen. Vor allem im Sommer sind viele nicht Zuhause und man braucht beim Gießen eine helfende Hand. Auch woher das Wasser kommt kann eine große Rolle spielen. Ein Bekannter von mir hat letztes Jahr mit dem Gemüseanbau angefangen und goss seine Pflanzen mit Wasser aus der Leitung. Leider war es wieder mal ein Sommer ohne Regen und die Wasserrechnung ging spürbar nach oben.
Ich plädiere dafür, das Regenwasser zu sammeln und damit zu gießen. Bei mir gibt es zum Beispiel drei Stellen, an denen ich sammle und ich muss kaum auf Leitungswasser zurückgreifen. Das spart ordentlich Geld und Wasser!
Wie kann ich auf kleiner Fläche anbauen?
Bei kleiner Fläche liebe ich den vertikalen Anbau, also alles, was eine geringe Grundfläche benötigt und nach oben wächst. Beispiele dafür sind Stangenbohnen, Gurken, Kürbisse, Tomaten, Zuckererbsen sowie alles, was einen schlanken Wuchs hat – Lauch, Frühlingszwiebeln, Bleichsellerie.
Salat wächst hervorragend in Töpfen und man nimmt nur so viele Blätter weg, wie man benötigt. So hält der ‘ne ganze Weile. Zuckerhut ist auch sehr ergiebig und hält den ganzen Winter über bis ins Frühjahr. Super ist auch Sauerampfer. Er ist überwiegend winterhart, wächst sehr ergiebig und ist voll mit Vitamin C. Im Salat oder als Pesto mit Pasta ist der Sauerampfer ein Genuss. Von Kräutern kann man auch nie genug haben und mit der Zeit will man ohne sie weder kochen, noch essen.
Lohnt es sich wirtschaftlich, selbst anzubauen?
Ja, es lohnt sich! Dabei sollte man aber auch Zeit in die eigene Aussaat und Anzucht investieren, um die Kosten gering zu halten. Hochgezüchtete Jungpflanzen kosten um die 4 Euro pro Stück – da ist man ratztfatz einige hundert Euro los. Ich tendiere dazu, Samen oder Pflanzen im frühen Frühjahr zu besorgen. Zu dieser Zeit sind sie wesentlich günstiger. Manche Leute tauschen auch ihre Raritäten aus. Und nach der Ernte lohnt es sich, Samen aus dem Erntegut für die Saison im Folgejahr zu sammeln.
Kann ich auch Grundnahrungsmittel auf meinem Balkon anbauen?
Wenn man unter Grundnahrungsmitteln die sättigenden Anteile wie Kartoffeln versteht, dann gibt es die Möglichkeit, Kartoffeln in einer Box anzubauen. Süßkartoffeln pflanze ich seit mehreren Jahren im Mörtelkübel an. An einer Seite lasse ich sie hochklettern und nach vorne kann man niedriger wachsende Kulturen anbauen, wie Lauch und Salate.
Gabriele Stoll ist promovierte Agrarwissenschaftlerin. Sie hat viele Jahre in Ländern Asiens und Südamerikas gelebt und den ökologischen Pflanzenschutz zu ihrem Thema gemacht. Sie half in vielen Entwicklungsländern den ökologischen Anbau voranzutreiben. Außerdem ist sie Gründerin von Gourveine und vertreibt Zitronen-Verveine. 2014 wurden ihre Tee-Sorten mit dem Goldenen Preis der DLG ausgezeichnet.
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