Es gibt viele gute Gründe, sich vegan zu ernähren. Sei es für das eigene Befinden oder zum Wohle des Tierschutzes und des Klimas. Eins haben aber alle vegan lebenden Menschen gemein: Sie setzen sich mit ihrer Ernährung intensiv auseinander. Da liegt es nahe, dass das Essen möglichst regional, saisonal und einen kleinen ökologischen Fußabdruck haben soll. Glücklich, wenn du einen Gemüsemarkt oder einen guten Biolieferanten wie etepetete in der Nähe hast, die dich mit frischen Zutaten versorgen. Doch es geht noch frischer!
Vegane Selbstversorgung – brauch ich dafür nicht viel Platz?
„Klar ist: je mehr Platz zur Verfügung steht, desto mehr kann angebaut werden. Doch ein Balkon reicht oftmals schon aus“, behauptet Dr. Gabriele Stoll, Agrarwissenschaftlerin und Selbstversorgerin aus Süddeutschland. Seit Jahren ernährt sie sich von Blumentöpfen und Wiesen direkt vor ihrer Haustür. Wir haben sie besucht und hilfreiche Tipps und Inspirationen für den Start in die vegane Selbstversorgung gesammelt.
Frischer Salat aus dem Tontopf
Für deinen eigenen Salat steckst du ein Pflänzchen in die Mitte eines Tontopfes, der gefüllt mit nährstoffreicher Bio-Erde ist und lässt es wachsen und gedeihen. Wenn du immer wieder die unteren Blätter wegnimmst, kann er weiterwachsen und du hast über viele Wochen frischen Salat auf dem Teller. Um den Ertrag auf bis zu zwei Monaten zu strecken, ist ein Mix aus verschiedenen Salaten hilfreich. Auch Endivie und Zuckerhut können sehr lange geerntet werden.
Pak Choi – die erste Mahlzeit im Jahr
„Das erste was ich im Jahr ernte, ist Pak Choi“, erzählt uns Gabriele stolz bei unserem Besuch. Pak Choi ist eine Pflanze aus Asien, die auch hier sehr gut wächst. Das Kohlgemüse mag einen sonnigen bis halbschattigen Standort und bevorzugt nährreiche Erde. Bei einer Aussaat Anfang Februar kann er schon in der zweiten Märzhälfte geerntet werden. Durch das schnelle Wachstum, kann man Pak Choi mehrmals im Jahr aussähen und genießen.
Das Gewächshaus – von Zuckerschoten bis Thai-Ingwer
In Gabrieles Gewächshaus keimt und gedeiht es, wohin das Auge reicht. Ein üppig wachsender hellgrüner Strauch, der sich nach vorne und nach oben hin ausbreitet, entpuppt sich als Zuckererbsenstrauch. „Davon hab‘ ich schon jetzt mehrmals geerntet“, freut sich Gabriele und zeigt auf das feine Zitronengras. Daneben entdecken wir Tulsi, auch Heiligenbasilikum genannt, Thai Ingwer und rote Beete im Anzuchtstöpfchen.
Bio-Erde ist die beste Wahl
Draußen werden Samen an einem alten Tisch pikiert, heißt mit Abstand oder in einzelne Töpfe gepflanzt. „Ich säe fast alle Pflanzen selbst aus. Diese Paprika Habanero zum Beispiel. Die ist besonders scharf.“ Sie steckt die kleinen zwei Zentimeter großen Pflänzchen in die frische Erde, die in kleinen Blumentöpfen gefüllt sind. „Gute Erde ist sehr wichtig und man sollte auch hier auf ökologische Erde achten.“
Wachsen lassen – auch querbeet
Neben der üppig blühenden Kamille zeigen sich die ersten kleinen Zucchinifrüchte, daneben die ersten Stängel des Bleichselleries. Ein Zuckerhut, der überwintert hat und bis in den Juni des nächsten Jahres weiterwächst, breitet sich aus. Daneben Rucola, Gurken und Bohnen, die bereits an einer Stange nach oben wachsen. „Für die Bohnen reicht ein einfaches Drahtgestell und dann gibt es hier bald noch Mangold und Fenchel.“
Daneben stehen Zwiebeln mit weit ausgewachsenen Zwiebellauch. „Auch das kann man ernten. Wenn es noch klein und zart ist, passt es zu vielen Salaten. Wenn sie so ausgewachsen sind, kann man sie kleingeschnitten anbraten und mit zum Beispiel mit Räuchertofu und Karotten genießen.“
Koriander und andere Heilkräuter
Ein riesiger stark duftender Strauch fällt auf: „Koriander liebt man, oder man meidet ihn. Auf jeden Fall ist es ein ganz wunderbares Heilkraut aus dem Mittelmeerraum. Koriander wirkt immunisierend und antibakteriell und ist aus der indischen und asiatischen Küche nicht wegzudenken.“
Gewürze selber machen
Wer kocht, braucht Kräuter. Gabriele trocknet sie und stellt eine eigene Mischung zusammen. „Bei mir kommt an vieles ein Hauch von Zitrone. Ein Glas mit getrocknetem Zitronenabrieb gehört zu meiner Gewürz-Grundausstattung. Dafür schäle ich Bio-Zitronen ganz dünn und lasse sie trocknen. Danach werden sie fein mit einem kleinen Mixer pulverisiert. So wird dieses einer Vielzahl von Gerichten in hoher Qualität ganz einfach beigemischt und ergibt ein wunderbares Geschmackserlebnis in seinen Speisen“.
Brennnessel neben dem Kompost
Wer selbst anbaut, der hat in der Regel auch einen Kompost. Bei Gabriele wachsen neben dem Kompost hohe Brennnesseln und bald auch kräftige Kürbisse. „Hier ist noch ein Rest vom Bärlauch“ und zeigt auf die einzelnen Blätter. „Davon habe sie in den letzten Wochen mindestens zehn Gerichte zubereitet und natürlich Bärlauchpesto hergestellt. Und hier, die Brunnenkresse. Sie ist der Vitamin C-Lieferant Nummer eins und so gesund.“
Himbeeren und Tomaten über das ganze Jahr essen
An einem alten Holzzaun entlang wachsen zahlreiche Beerensträucher. „Himbeeren, davon ernähre ich mich das ganze Jahr über.“ Gabriele Stoll nimmt sie unter anderem für ihren Smoothie am Morgen. Eingefroren kann sie die leckeren Früchte haltbar machen. Im Übrigen auch Tomaten: „Die setz‘ ich einfach in die Gefriertruhe.“
Der eigene Anbau setzt Glückshormone frei
Gabriele Stoll liebt ihre Pflanzen. „Für mich ist es eine Freude zu sehen, wie alles wächst und uns ernährt. Zusehen, wie sich die Pflanzen der Jahreszeit anpassen, an welchem Mikrostandort sie am besten gedeihen, wie sie nach und nach reif werden. Zu sehen, was entsteht, setzt bei mir wirklich Dopamin frei.“ Gabriele ist sich sicher, dass Glückshormone nicht freigesetzt werden, wenn alles nur fertig gekauft und konsumiert wird. „Ich glaube, der Mensch darf sich hier wieder neu erfinden, am Entstehen mitwirken, kreativ gestalten, eigene Ergebnisse sehen und erleben. Das macht glücklich!“
Gabriele Stoll ist promovierte Agrarwissenschaftlerin. Sie hat viele Jahre in Ländern Asiens und Südamerikas gelebt und den ökologischen Pflanzenschutz zu ihrem Thema gemacht und. In vielen Entwicklungsländern konnte sie helfen, den ökologischen Landbau voranzutreiben. Außerdem ist sie Gründerin von Gourveine und vertreibt Zitronen-Verveine. 2014 wurden ihre Tee-Sorten mit dem Goldenen Preis der DLG ausgezeichnet.
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